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Zahniportal-Blog

Exzentrische Aufnahmen: Painless Parker, der Outlaw Circus Dentist

Bild: flickr / Curious Expeditions

Geschätzte Leser,

Nachdem ich in vorigen Beiträgen bereits die beiden dentalhistorischen Sonderlinge Le Grande Thomas und Martin Van Butchell ausleuchten durfte, ist es mir dieses Mal ein Vergnügen, über den großen Teich zu blicken, um Euch den amerikanischen "Outlaw/Circus Dentist" Painless Parker etwas näher zu bringen. Er galt als "Bedrohung für die Würde des Berufsstands" – mit diesen Worten begrüßt mich mein Oberarzt auch jeden Morgen. Und eins vorweg: "Painless" war nicht einfach nur ein Spitzname. Hier also in Kürze sein Leben:

1892 beendete Edgar R. R. Parker sein Zahnmedizin-Studium in Philadelphia. Schon während des Studiums hat er illegal Menschen in deren Haushalten behandelt – wenn eine Therapie anstand, die er noch nicht kannte, verwies er seine Patienten darauf, dass er erst Ende der Woche weitermachen kann. Er muss erst noch das Kapitel im Buch lesen.

Mit seinem Abschluss in der Tasche begibt er sich zurück in seine Heimat Kanada. Dort angekommen, merkt er dass sich außer Waschbären nicht sehr viel Kundschaft auftat.

Und diese haben bekanntlich eine miese Zahlungsmoral.

Nach 6 (!) Wochen ohne Patienten engagierte Parker einen – natürlich – ehemaligen Elefantendompteur, um mit diesem einen umherziehenden Dental Circus zu kreiieren.  Mit Behandlungsstuhl auf einer Pferdekutsche, Tänzerinnen und einer Blasmusik-Kapelle zog er fortan durch die USA. Die Band erfüllte dabei zwei Funktionen: zum einen lockte sie Patienten an auf den Marktplatz. Zum anderen spielte die Band auf ein Handsignal Parkers hin wesentlich lauter, um das Geschrei der Patienten zu übertönen – denn völlig "painless" konnte auch er nicht arbeiten, trotz Whiskey- und Kokainanästhesie für die Leidenden. Richtig gelesen: wie viele andere Ärzte seiner Zeit griff er zu Kokain als Lokalanästhetikum. Das war die einzige und letzte Epoche, in der Patienten gerne zum Zahnarzt gingen.

Nach einer ganzen Weile eröffnete der immer berühmter werdende Zahnarzt 28 (!) Zahnarztpraxen in den USA, welche prahlsüchtig auf den Fassaden ein "PAINLESS PARKER" zierte. Seine Werbemaßnahmen wurden dabei immer extremer: zwischen seinen Praxen und den Gebäuden gegenüber waren Seile gespannt, auf denen Trapezkünstler für die Praxis warben. Auch sogenannten "human flies" (dt. in etwa: Fassadenkletterer) kraxelten die Gebäude auf und ab und schrieen Slogans über Painless Parker. Und wenn ein Zirkus in der Stadt war, so hat Painless Parker in der Manege Löwen und Tigern Zähne gezogen und einem Walroß sogar ein Goldinlay in den Stoßzahn zementiert. Eines Tages hat er sogar einen kleinen Zirkus aufgekauft und eine Art öffentliches Mundgesundheitstraining in die Show fix integrieren lassen.

Aber wo Erfolg herrscht, da sind auch Neider: da seine Behandlungen natürlich nicht gänzlich "painless" waren, wurde er von Kollegen für "false advertisement" vor Gericht gezogen.
Um einem Urteil zu entkommen und nicht seine Fassaden neu streichen zu müssen, änderte der Zahnarzt einfach im Bürgeramt seinen Vornamen offiziell von "Edgar R.R". zu "Painless". Clever!
Ich habe mir auch schon überlegt, meinen Vornamen beim Standesamt einfach in "Doktor" abändern zu lassen. Damit würde ich mir noch eine Menge Arbeit sparen.

Er brachte seine eigenen Produkte (Zahnpasta, Mundwasser, Haftcreme) heraus und warb wie ein Wahnsinniger. Und auch wenn er durch seine Art mehr an einen profitorientierten Unternehmer als einen Zahnheilkundler erinnert, so hat er damals für die heutige Zahnmedizin in vielerlei Hinsicht wichtige Grundsteine gelegt.

Denn seine öffentlichkeitswirksame Forderung nach mehr Mundhygiene (passend zu seinem Produktsortiment) stieß durch dessen unterhaltsame Art viel eher auf Gehör als das staubtrockene Belehrungsgeschwafel seiner Kollegen. Die Wichtigkeit täglicher Mundhygiene steckte noch in den Kinderschuhen, und Parker wusste sie zu untermalen. Zudem glättete er durch seine charismatische Art das furchteinflößende Bild des Zahnarztes etwas ab.

Mal sehen, was ich so nach dem Studium mache.

Weise Grüße,

Euer "Doktor"