Zahniportal-Blog
Wer 'nen Kittel hat, dem brennt er nicht
Brusttasche:
- Min. 2 Kugelschreiber in der Brust, bestenfalls namentlich markiert. Den rituellen Diebstahl durch Assistenzärzte plante ich mal zu umgehen, indem ich die Kullis mit einem zurückspringenden Gummizug à la Skipass-Halter an meinem Kittel befestige. Das würde mich aber a) aussehen lassen wie der Menschenfeind, der ich nun mal bin, und b) würden die Ärzte zu ihrer Belustigung sicherlich gerne den Kulli in mein Gesicht zurückfedern lassen.
- Ein Bleistift, falls ich mir bei einer Eintragung unsicher sein sollte. Stets im Einsatz.
- Mein Namensschild, damit der Schuldige immer schnell beim Namen zu nennen ist.
Große Innentasche:
- Ein Klemmbrett, wenn ich wieder Ärzten für Unterschriften hinterherrennen muss. Daher ist es eigentlich so gut wie nie in der Tasche vorzufinden.
- Eine kleine Kassette mit Buntstiften, Spitzer und Radiergummi für unsere papierenen Befundaufnahmen, oder wie ich es gerne nenne: Zahn-Mandala malen.
- Mein Testatblatt für kostbare Röntgenunterschriften – ein Dokument, das mir wichtiger ist als meine eigene Geburtsurkunde.
Linke Außentasche:
- Meine Back-Up-Brille MIT Brillenkette, damit ich noch älter wirke als ich es eh schon bin, um früher an meinen Corona-Impfstoff zu kommen.
- Mein Licht für die Lupenbrille samt Akku, der sich bevorzugt zu genau so ungünstigen Zeitpunkten entleert wie meine Leidenschaft für dieses Studium.
Rechte Außentasche:
- Außen mein Namensschild, mit welchem ich Akten entleihen kann. Außerdem prangt darauf ein Foto von einem jungen Mann mit einem Strahlen in seinen Augen. Er kommt mir so bekannt vor ...
- Ein Edding und Marker, um Becher mit chemischen Substanzen zu markieren. Sonst säuft der Patient wieder Natriumhypochlorit und ich muss ihm heimlich mit dem Speichelsauger den Magen auspumpen (das mache ich nicht noch einmal).
- Ein Textmarker, um für Patienten das nötige Unterschriftenfeld hervorzuheben. Die Patienten unterschreiben trotzdem weiterhin bevorzugt im Ärzte-Feld, und ich kriege den Ärger.
- Post-it® Notes für schnelle Notizen an Ärzte, Patienten oder mich selbst. Oder für Liebesbriefe – auch an mich selbst.
- Schlüssel für die Instrumentenschränke. Sind so stabil wie die eines Poesie-Album-Schlosses. Der Schlüsselbart zeigt bereits in mehr Richtungen als die Lorentz-Kraft (diesen Vergleich verstehe ich selber nicht, keine Sorge).
- Mein Handy, damit die Patienten mir kurz vor Terminbeginn absagen können. Oder um über die hektisch-konfuse Semester-WhatsApp-Gruppe zu erfahren, dass ich eine Deadline, die neuerdings seit heute, beziehungsweise vorgestern, offiziell erst aber erst in der Nacht vor dem ersten Halbmond nach dem letzten peruanischen Nationalfeiertag gilt, schon wieder vor acht Tagen in der Zukunft verpasst haben werde (bitte lest diesen Satz kein zweites Mal, er wird nicht mehr Sinn machen).
Ihr seht also, im Klinik-Alltag bin ich gerüstet wie Inspector Gadget, nur leider ohne Sprungfederschuhe oder einem Hammer aus meinem Hut für die Anästhesierung von Spritzenverweigerern. Ich empfehle jüngeren Semestern ausdrücklich einen mehrtaschigen Kittel – er erspart Zeit, die man nicht hat.
Und außerdem sieht man nur in weißer Hose und weißem T-Shirt gekleidet aus wie ein Masseur – und mehr als Zahnfleisch massieren will ich nicht, es ist schon alles schlimm genug.
Weise Grüße,
Moritz