Mitgefressener Mineralstaub hinterlässt charakteristische Abnutzungsspuren an Zähnen
„Es ist eine gängige Methode, mithilfe von fossilen Zähnen Rückschlüsse auf die Ernährung und den Lebensraum der jeweiligen Tiere zu ziehen, weil bereits seit Längerem bekannt ist, dass das Fressen verschiedener Pflanzen, zum Beispiel von Gras oder Blättern, unterschiedliche Abnutzungsspuren verursachen kann“, sagt Dr. Daniela Winkler vom Institut für Geowissenschaften der JGU, die Erstautorin der Studie. „Inwiefern mitgefressener mineralischer Staub zu dieser Abnutzung beiträgt, wurde bisher aber kaum untersucht.“
Die Forscher hatten zwölf Gruppen von Meerschweinchen mehrere Wochen lang mit grundsätzlich gleichen pflanzenbasierten Pellets gefüttert, die aber unterschiedliche Arten und Mengen (null bis acht Prozent) natürlichen Mineralstaubs enthielten. Anschließend untersuchten die Forscher mit einem hochauflösenden Mikroskop die Oberfläche des Zahnschmelzes von Backenzähnen der Tiere. „Dadurch konnten wir einige deutliche Unterschiede feststellen“, sagt Winkler. Zum Beispiel führten größere Quarzpartikel (Sandkörner) zu starken Defekten an der Zahnschmelzoberfläche. Ähnliches gelte für vulkanische Asche, die aufgrund ihrer Scharfkantigkeit aber ein uneinheitlicheres Abnutzungsmuster verursache. Kleine Quarzpartikel führten zu einer ebenen, wie poliert wirkenden Oberfläche. Andere Partikel hingegen verursachten keine charakteristischen Abnutzungsspuren. „Unsere Ergebnisse verbessern die Rekonstruktion der Ernährungsweise anhand von fossilen Zähnen“, sagt Winkler.
Prinzipiell seien glatte Zahnoberflächen bisher so interpretiert worden, dass das entsprechende Tier sich von Blättern, die im Gegensatz zu Gras kaum Abnutzungsspuren auf der Zahnoberfläche hinterlassen, ernährt und somit in einer bewaldeten Umgebung gelebt habe. Es scheine nun aber auch möglich zu sein, dass glatter Zahnschmelz etwa durch das Fressen von Gras mit anhaftenden kleinen Quarzpartikeln, welche Erhebungen wegpolierten und somit das Relief ausglichen, entstünde. „Denn dass mineralischer Staub mitgefressen wird, ist normal“, sagt Winkler. Das gelte umso mehr, je trockener der Lebensraum sei und je näher sich das Futter am Boden befände.
Die Studie ist Teil des umfangreichen Forschungsprojekts „Vertebrate Herbivory“ von Prof. Dr. Thomas Tütken vom Institut für Geowissenschaften der JGU, das vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem sogenannten Consolidator Grant gefördert wird. An der Studie beteiligt waren auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Klinik für Zoo-, Heim- und Wildtiere der Universität Zürich, der Universität Leipzig, des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig sowie des Centrums für Naturkunde der Universität Hamburg.