Studienplätze endlich an reale Nachfrage anpassen
Die Zahl der Medizinstudienplätze in Deutschland hat sich seit der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990 um 40 Prozent reduziert – von 16.000 auf 9.000 Plätze – und das trotz des absehbaren demografischen Wandels und des medizinischen Fortschritts mit dadurch steigenden Versorgungsbedarfen. Aufgrund dieser Mangelsituation – im Wintersemester 2014/2015 kamen auf die bundesweit 9.000 Studienplätze 43.000 Bewerber – zieht es viele qualifizierte und engagierte junge Menschen nach dem Abitur zum Medizinstudium ins Ausland. „Viele deutsche Studenten haben so auf eigene Kosten bereits erfolgreich den ersten Abschnitt der ärztlichen Prüfung, das Physikum, absolviert und möchten ihr Studium nun in Deutschland abschließen“, berichtet Wenker. Hierfür fehlen, ebenso wie für zahlreiche erfolgreiche Absolventen des Physikums auf einem sogenannten Teilstudienplatz an deutschen medizinischen Fakultäten, aktuell jedoch die klinischen Lehrkapazitäten an den Universitäten.
„Ich fordere die Politik dazu auf, diesen Mangel zu beheben, indem die akademischen Lehrkrankenhäuser in die klinische Lehre ab dem 5. Semester eingebunden werden“, postuliert die Ärztekammerpräsidentin. „Es kann nicht sein, dass Ärzte aus dem Ausland nach Deutschland kommen, um eine Mangelsituation auszugleichen, während gleichzeitig deutsche Abiturienten ins Ausland gehen müssen, damit sie die Chance auf einen Medizinstudienplatz bekommen“, so Wenker.
In Niedersachsen gut hierfür geeignet wären z. B. Krankenhäuser wie die Klinika Braunschweig, Region Hannover, Oldenburg und Osnabrück, aber auch Bremen als akademisches Lehrkrankenhaus für Niedersachsen. „Mit gutem Beispiel geht hier die Universitätsmedizin Göttingen (UMG) voran, die bereits im September 2017 mit dem Klinikum Braunschweig Kooperationsgespräche führte, um mit dem Campus II 60 zusätzliche Vollstudienplätze am Klinikum Braunschweig zu schaffen“, lobt Wenker. Hier sei aber – sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene – noch viel Luft nach oben.
Obwohl es einen riesigen Bedarf an Ärzten gibt, hat sich die Anzahl der Medizinstudienplätze seit Jahren nicht geändert. Der Grund liegt in den „Verordnungen über die Kapazitätsermittlung zur Vergabe von Studienplätzen“ der Länder – kurz: Kapazitätsverordnung (KapVO) – verborgen. „Das Nadelöhr sind hier die Patientenkapazitäten an den Universitätskliniken“, erläutert Wenker. „Um das Problem der zu niedrigen Studienplatzzahlen dauerhaft zu lösen, muss die niedersächsische Kapazitätsverordnung an unseren Versorgungsbedarf angepasst werden“, so die Ärztekammerpräsidentin.