Schritt-für-Schritt Wachsmodellation des Zahnes 16
Dieses Skript ist für jeden Zahnmedizinstudenten in der vorklinischen Semestern des Zahnmedizinstudiums interessant, es beschreibt gut bebildert Schritt-für-Schritt die Modellation des Zahns 16 - fast in jedem TPK ein Muss! Die Inhalte wurden uns von Simon Haug (tendent.de) zur Verfügung gestellt, vielen Dank dafür!
Am Ende der Seite könnt ihr das Aufwachsscript als PDF herunterladen.
Einführung
Das folgende Skript enthält eine detaillierte Beschreibung der Aufwachsübung des Zahnes 16. Hierbei spielen neben der natürlichen Form des Zahnes vor allem seine funktionellen Eigenschaften eine zentrale Rolle. Es werden also nicht nur die morphologischen Details erwähnt und besprochen, sondern gleichzeitig ihre funktionelle Bedeutung. Somit soll nicht nur klar werden wie man ein Detail reproduziert, sondern wieso. In der Modellation selber werden wir nach dem bewährten Fischmaulprinzip vorgehen. Das bedeutet eine sukzessive Modellation der Außenform, bevor die Kaufläche modelliert wird.
Das vorausgesetzte Grundwissen umfasst folgende Punkte: ABC Kontakte; anatomischen und funktionellen Anatomie; makroskopische und mikroskopische Morphologie; stabile und dynamische Okklusion; Zentrik; transversale und sagittale Kompensationskurve; peripherer, zentraler, lateraler Abhang; distaler und mesialer Abhang; Randleiste, Höckergrat; tripodisierender Kontakt; Fischmaulkontakte; okklusaler Kompass; Laterotrusion, Mediotrusion, Lateroprotrusion, Protrusion; Retrusion, Immediate side shift; Freiräume
Inhaltsangabe und Checkliste der einzelnen Schritte
- Analyse des Zahnes 16 inkl. Antagonisten und Nachbarzähne
- Beginn der Modellation - Höckerspitzen determinieren
- Vestibulärer Höcker - Außenform Randleisten
- Oraler Höcker - Außenform
- Distobukkaler Höcker
- Mesiobukkaler Höcker
- Mesiopalatinaler Höcker
- Distopalatinaler Höcker und distaler Teil der Christa transversa
1. Analyse des Zahnes 16 inkl. Antagonisten und Nachbarzähne
Der zu modellierende Bereich wird erstmal genauestens in Augenschein genommen. Zu analysieren sind alle Bereiche der anatomischen und funktionellen Anatomie. Um die Dimensionen der Zähne besser einschätzen zu können, belegen wir zuerst den ganzen Zahn mit einer Matrix. Hierbei werden mit einem Minenstift die Firstlinen, also die Außenformen verdeutlicht. Dabei bitte nicht nur den zu modellierenden Zahn anzeichnen, sondern auch seine Nachbarzähne.
Überlegt euch auch, in welchem Bezug der Zahn 16 unter Berücksichtigung der Anzeichnung zu den Nachbarzähnen steht? (Stichwort: Randleisten, Firstlinien)
Merke ad Analyse des Zahnes 16
Merke: Wir können nur das Detail in unserer Modellation verwirklichen, welches wir in dem Originalmodell erkannt haben. Je mehr wir die Morphologie verstanden haben, umso detailgetreuer werden unsere Modellationen. Aus diesem Grund muss der Zahn nun unter anatomischen und funktionellen Gründen genau analysiert werden.
Funktionelle Analyse
Mit Okklusionsfolie überprüfen wir die Kontaktpunkte im Artikulator. Erste Störkontakte werden nach dem Einartikulieren und vor der Analyse mit einem alten le Cron ** entfernt. Dabei wird die oberste Gipsschicht runtergeschabt, so lang bis die Kontakte überall gleichmäßig auftauchen.
Merke: Um ein stabile Okklusion zu gewährleisten, müssen 3 Punkte eingehalten werden:
- Es müssen mindestens drei Kontakte zur gegenseitigen Stabilisierung der Zähne (Tripodisierung) vorhanden sein.
- Der Belastungsschwerpunkt muss innerhalb des Kontaktpolygons liegen.
- Kontakte auf Schrägflächen müssen sich gegenseitig abstützen.
Mit der dynamischen Okklusion werden wir erst konfrontiert, wenn wir die radierten Zähne wieder modellieren.
Die Modelle und ihre Bearbeitung
2. Beginn der Modellation – Höckerspitzen determinieren
Zuerst werden die Positionen der Höckerspitzen mit kleinen Kugeln festgelegt. So lässt sich die Position und das anatomische Erscheinungsbild von Scher und Stampfhöckern vergegenwärtigen.
3. Vestibulärer Höcker – Außenform
Dies ist, auch wenn es am Anfang nicht so scheint, einer der schwierigsten Schritte. Die Punkte werden zu Türmen erweitert. Diese Türme sollen beim Schließen des Artikulators keinen Kontakt zu den Antagonisten bekommen. In ihrer Eigenschaft als Scherhöcker sind Kontakte auf der Spitze unerwünscht. Der periphere Höckerabhang wird seiner Charakteristik als Scherhöcker voll und ganz gerecht.
Der Scherhöcker unterscheidet sich vom Stampfhöcker sowohl in mikroskopischer, als auch makroskopischer Morphologie. Mikroskopisch betrachtet besitzen Scherhöcker eine ausgeprägte Fissurentiefe und eine geringe Fissurenbodenbreite. Stampfhöcker haben eher einen breiten Fissurenboden. Mikroskopisch fällt auf, dass die Höckerspitze des Stampfhöckers die vestibuläre und orale Fläche in zwei beinahe gleich große Teile untergliedert. Der periphere (vestibuläre) Abhang bekommt bei den Scherhöckern wesentlich weniger Platz als bei den Stampfhöckern.
Die Übergänge zwischen den beiden Höckerspitzen und zwischen Höckerspitze und Randleiste natürlich zu gestalten ist bis dahin der schwierigste Teil. Um die natürliche Morphologie und deren dynamischer Gesetzmäßigkeiten besser zu erkennen, lohnt es sich, den Zahn mit einer zusätzlichen Matrix zu belegen.
Die vestibulären Flächen werden dazu in Höckerkegel und approximale Ohren unterteilt. Dabei fällt auf, dass sich der Zahn hin zur Papille hin verjüngt. Ztm. Semsch spricht hier von Kuschelecke. Dieses Merkmal hat auch anatomische und funktionelle Gründe.
Anatomisch wird dieser Bereich so gestaltet, da uns die Natur diese Form vorgibt und unser ästhetisches Auge das von uns verlangt. Funktionell ist diese Ausformung unendlich wichtig, da hiervon das Adaptionsverhalten des Zahnfleisches bestimmt wird. Traumatisiertes Zahnfleisch bildet sich zurück, völlig unbeanspruchtes atrophiert ebenso. Die Ausformung der Kuschelecke ist somit kein unnützes Detail, sondern kann über die Langlebigkeit von Zahnersatz entscheiden.
Die approximalen Ohren bestimmen die körperhafte Wirkung des Zahnes. Um für die spätere Kauflächenmodellation genügend Platz zu schaffen, sollten die Ohren sorgfältig modelliert werden.
Der Übergang von der Vestibulärfläche zum Approximalraum zeigt sich eckig, von der Vestibulärfläche aus geht es wie bei einer Hauswand um die Ecke in den Approximalraum.
Funktionell kommt der vestibulären Fläche große Bedeutung zu, auch wenn man hier noch keine Kontaktpunkte erzielen möchte. Bei der Exkursionsbewegung des Unterkiefers sollen sich die Seitenzähne sofort diskludieren. Der mesiale ist etwas niedriger als der distale. Dies liegt in der Funktion begründet.
Die am meisten ausgeführte Bewegung des Unterkiefers ist die Lateroprotrusion. Dabei schert der untere 6er mit seinen bukkalen Höckern am mesiobukkalen Segment des oberen 6ers vorbei. Im Laufe der Evolution hat sich der Zahn an diese Belastung angepasst und weicht diesem potentiellen Störkontakt dadurch aus, dass er eben etwas kleiner angelegt ist und sich ein wenig nach vestibulär neigt. Das erklärt auch die Torsion der Außenform s.oben
4. Randleisten
Die Randleisten des 6ers bekommen auf mesialer und auf distaler Seite einen Kontaktpunkt. Das sind die ersten zwei (von vier) A Kontakten der Fischmaulkontakte. Der Antagonist begrenzt die Höhe der Randleisten automatisch, somit muss man sich keine Gedanken um die Höhe machen ;-). Die Randleisten werden auf mesialer und distaler Seite fertig modelliert.
Die mesiale Randleiste bildet ein eigenes Strukturelement, welches den mesiobukkalen und mesiopalatinalen Höcker von einander trennt. Dieses Strukturelement wird bei der Modellation der Außenform gleich fertig modelliert. Das bestimmt die Grenze zwischen den beiden mesialen Segmenten. Die distale Randleiste gehört zum distobukkalen Höcker und bildet so das distolaterale Strukturelement dieses Höckers.
5. Oraler Höcker - Außenform
Zuerst werden wie bei der vestibulären Fläche die Höckerpositionspunkte zu Türmen erweitert. Dabei wird die Position zum Gegenkiefer überprüft. Man sieht aus basaler Sicht sehr schön, wie der Turm des mesiopalatinalen Höckers in die zentrale Grube des UK 6ers greift. Das ist schon mal kein schlechtes Zeichen. ;-)
Oraler Höcker - Außenform
Auf der oralen Außenform finden wir alle C - Kontakte. Zuerst wird die Außenform des mesialen Höckers modelliert und dann des distobukkalen Höckers. Das bedeutet, dass zuerst der Übergang zur Crista transversa modelliert wird und darauf erst der kleinere distale Höcker. Auf der Crista transversa befindet sich dann der dritte A Kontaktpunkt.
Der mesiale Höcker ist der wuchtigste im ganzen Zahn. Seine Außenform zu modellieren ist gar nicht so einfach. Wichtig ist die distale Begrenzung zur Christa transversa. Hier kann es leicht zu Störkontakten bei der Lateroprotrusion kommen, da der UK 6er mit seinem distalen Höcker durch das Canyon durch muss. Aus diesem Grund sind auch die Höckerspitzen der lingualen Höcker des UK 6ers soweit auseinander, aber das führt an dieser Stelle zu weit.
Die Christa transversa hat außergewöhnlich funktionelle Gründe. Beim Kauvorgang verhindert die Christa das zu schnelle Abgleiten des Speisebreis. Meistens findet man in den Bereichen der Christa transversa ausgeprägte Schlifffacetten, welche durch folgende Exkursionsbewegungen des mesiobukkalen Höckers des UK 6ers entstanden sind. Der zentrale Höckerabhang des distobukkalen Höckers bekommt dadurch eine scharfe Zensur, welche wesentlich zum Erscheinungsbild des Höckers beiträgt. Der distale Bereich der Christa transversa zeigt einen s - förmig geschwungenen Verlauf. Die Laterotrusion mit der Retrusion schleift den mesialen Teil zentralen Höckerabhangs des distobukkal gelegenen Höckers der Christa transversa ein und die Mediotrusion und der dazu gehörige ISS glättet die mesialen Bereiche des zentralen Höckerabhangs vom mesiopalatinalen Höcker.
Der distopalatinale Höcker ist eine eigene Einheit. Er wirkt wie mit seiner Pflaumenform ziemlich plump. Mikroskopisch betrachtet gibt es auch keine wesentlichen Erkenntnisse zu entdecken. Hier und da eine kleine Fissur, nichts nennenswertes. Laut der Lehrmeinung nach Ztm. Polz /Schulz bietet der distopalatinale Höcker zwei Kontakte, welch aber in natürlichen Gebissen selten vorhanden sind.
Dem Kontaktpunkt auf der Crista transversa sollten seine nötigen Freiräume gewährt bleiben.
Die distobukkale Höckerspitze des UK 6ers gleitet bei Laterotrusion zwischen den vestibulären Höckern des OK 6er durch. Durch die mehr oder weniger ausgeprägte Retrusion sollte entlang der Transversa ein Freiraum modelliert werden.
Dieser Stampfhöcker macht seinem Namen alle Ehre. Mit seinem etwas undifferenzierten Auftritt wird die Reproduktion zum Abenteuer. Aus verschiedenen Richtungen betrachtet wirkt er immer unterschiedlich. Störkontakte sind hier am häufigsten. Der 6er besteht aus vier Höckern. Bei dreien davon wurde nun die Außenform modelliert. Die orale Außenform wird durch den distopalatinale Höcker abgeschlossen. Bei ihm werden die Außenform und die Kaufläche gleichzeitig modelliert.
Modellation der Kaufläche
Nach dem nun die Kaufläche steht, können wir uns der Kaufläche zuwenden. Wir beginnen mit dem distobukkalen Höcker und gehen über den mesiobukkalen Höcker hin zum mesiopalatinalen Höcker. 6. Distobukkaler
6. Distobukkaler Höcker
Der distale Teil des distobukkale Höcker wurde ja schon bei der Modellation der Christa transversa fertig modelliert. An die schon vorhandene Modellation wird nun das mesial liegende laterale Strukturelement anmodelliert. Da der mesiobukkale Teil noch nicht modelliert wurde, kann man bei dieser Modellation sehr bequem von dieser Seite modellieren.
Das laterale Strukturelement auf dem distobukkalen Höcker verjüngt sich hin zur zentralen Grube. Es bildet einen Teil der approximalen Ohren, welche von vestibulärer Richtung aus zu sehen sind. Das Strukturelement besitzt meist durch und durch konvexen Charakter und verläuft die Fissurensteigung betreffend weniger steil. Somit liegt es unterhalb des zentralen Abhangs. Nicht zuletzt um dem mesiobukkalen Höcker bei Laterotrusion das vorbei gleiten zu ermöglichen.
7. Mesiobukkaler Höcker
Der mesiobukkale Höcker liefert mit seinem Kontakt den vierten und letzten A - Kontakt.
Zur Wiederholung: die 4 A-Kontakte beim OK 6er bestehen aus 2 Randleistenkontakten, welche bei der Fischmaulmodellation entstehen und 2 Kontakten, die sich auf dem zentralen Höckerabhang befinden sollen. Der nun zu ergänzende Kontakt befindet sich auf dem distalen Teil des zentralen Abhangs.
Zur Vorgehensweise der drei zu modellierenden Elemente (zentraler Abhang und zwei laterale Abhänge) gibt es verschiedene Ansichten. Am einfachsten ist es zuerst die lateralen Strukturelemente zu modellieren, also 1 und 2, und dann den zentralen Höckerabhang, also 3. Hierbei werden die Strukturelemente aus Richtung des zentralen Abhangs modelliert und der zentrale Abhang dann von der gegenüberliegenden Seite modelliert.
Das mesiobukkale Segment wird zuerst mal in einen zentralen Höckerabhang und zwei laterale Höckerabhänge unterteilt. Jedes dieser Segmente kann weiter in ein mesiales und ein distales Segment unterteilt werden. Wir haben also 3 Segmente und 6 Seiten. Die lateralen Strukturelemente werden zuerst modelliert. Da der zentrale Abhang noch nicht vorhanden ist, kann die Sonde so gehalten werden, dass der warme Schaft der Sonde den zentralen Höckerabhang beschädigen würde, wenn er denn da wäre. ;-) So kann man sich dem angrenzenden Höckersegment und der zu modellierenden Fissur vorsichtig annähern, ohne diese zu zuschwemmen. Bei der Fissur zwischen 1 und 4 modelliert man dann also von 5 kommend. Alle Klarheiten beseitigt?
8. Mesiopalatinaler Höcker
Der mesiopalatinale Höcker ist der Boss im 6er. Auf ihm erwarten wir den einzigen tripodisierenden Kontakt und damit auch den einzigen B - Kontakt auf dem Zahn. Dieser B - Kontakt sollte so nah wie möglich an der Höckerspitze liegen, um bei Exkursion des UK Störkontakte zu vermeiden.Bei der Modellation der Außenform haben wir schon gesehen wie schlicht und schwierig dieser Höcker zu modellieren ist. Dieser Höcker besitzt keine klare Einteilung in zentrale oder laterale Strukturelemente. Es befindet sich lediglich eine Fissur im mesialen Bereich des Abhangs. Diese Fissur hat in erster Linie funktionellen Charakter.
Die Fissur des mesiopalatinalen Höckers ist charakteristisch für Stampfhöcker sehr stumpf. Die Fissurenbreite und die Fissurenhöhe ist eher gering. Die Fissur gleicht einem Flussbett.
Die Höckerspitze des mesiobukkalen Höckers des UK 6ers möchte bei Mediotrusion an dem wulstigen mesialen Stampfhöcker des OK vorbei. Bei ausgeprägtem Immediate side shift benötigt die Höckerspitze Platz, welche durch die Fissur ermöglicht wird.
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